Am 3. und 4. Dezember fand in Offenbach der Bundesparteitag der Piratenpartei statt. Als programmatischer Parteitag standen keine Wahlen an, sondern eine umfangreiche Programmerweiterung.
Parteitage haben ja den Ruf, dröge und quälend zu sein. Das war aber dieses Wochenende in Offenbach fast gar nicht so.
Trotz einger GO-Schlachten (“Anträge zur Geschäftsordnung”) blieb die Atmosphäre sachlich und entspannt.
Gute Nachricht vorweg: Die Piratenpartei stellt sich künftig programmatisch breit auf.
Besonders beachtete Entscheidungen waren:
Die wichtigsten Beschlüsse der über 1.300 Mitglieder vor Ort:
- Engagement gegen Rechtsextremismus ist eine gute Sache, das ist jetzt auch nochmal offiziell und schriftlich festgehalten. Ebenso sind jetzt die Texte “Gemeinsam gegen Rassismus” und “Immigration bereichert die Gesellschaft” jetzt Teil des Programms. Das ist eine klare Aussage gegen Rechtsradikale und Sarrazinisten.
- Sehr umfangreich fielen die Beschlüsse in der Sozialpolitik aus. Nach einer kontroversen Debatte stimmten knapp über zwei Drittel der Anwesenden prinzipiell für die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Allerdings soll der Bundestag eine Enquente-Kommission einsetzen, die das Modell konkret durchrechnet, und für das Ergebnis eine Volksabstimmung angesetzt werden. Außerdem sprach sich die Partei im gleichen Antrag für einen Mindestlohn aus. Da es mit dem BGE noch eine Weile dauern dürfte, fordert die Piratenpartei außerdem eine Humanisierung von Arbeitslosengeld 2 und Grundsicherung (“Hartz IV”): Anpassung des Regelsatzes an die Armutsgrenze nach EU-Definition (was derzeit eine Erhöung wäre), keine Sanktionen und Kürzungen der Zahlungen unter diese Grenze, eine Verbesserung der Zuverdienstmöglichkeiten, keine Kontrollen mehr auf Bedarfsgemeinschaften, Entbürokratisierung bei Anträgen auf Erwerbsunfähigkeit, Verbot von Zeitverträgen für die Angestellten der ARGEn und datenschutzfreundliche Regelungen für die Bezieher.
- Wirtschaftpolitisch fordert die Piratenpartei die Aufhebung des Zwangs zu Mitgliedschaften in Kammern und Verbänden für Unternehmen. Ausgenommen sind Anwalts-, Notar- und Ärtzekammern. Leiharabeit soll wieder auf sechs Monate begrenzt werden. Verträge zwischen öffentlicher Hand und privaten Unternehmen sollen nicht mehr geheim sein dürfen und sogar nachträglich veröffentlicht werden.
- Sich selbst gibt die Piratenpartei in einer neuen Finanzordnung strengere Regeln. Bei Spenden über 1000 € sind die Spender mit Namen zu veröffentlichen. Keine Beschränkungen gibt es bei Erbschaften.
- Gesellschaftspolitisch setzt sich die Piratenpartei für eine vollständige Trennung von Staat und Religion ein.
- Die Prohibition von Drogen soll beendet werden, statt der gescheiterten Drogenpolitik der letzten Jahre soll der Staat Suchtpolitik betreiben.
- In einem Positionspapier spricht sich die Piratenpartei für ein geeintes Europa aus. Das undemokratische Zustandekommen des ESM-Vertrages wird allerdings kritisiert.
- Die bereits aus Berlin bekannte Forderung nach einem fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr wurde als Positionspapier verabschiedet.
- Der Programmbeschluss zum Urheberrecht sieht eine “vernünftige und zeitgemäße” Reformierung vor. Das Papier zur Reform des Urheberrechts von Daniel Neumann wird als Grundlage dafür genommen. Die Piratenpartei setzt sich zudem für einen freien Zugang von Inhalten ein, die mit öffentlichen Geldern produziert wurden.
- Vorbereitung auf die Bundestagswahl 2013: Das alte Wahlprogramm wird geschlossen, ein neues Programm soll ausgearbeitet werden, wobei natürlich alles hineinkommt, was heute beschlossen wurde. Dafür wird es nächstes Jahr einen Programmparteitag geben.
Quelle: Piratenpartei Pankow
Hier eine genaue Aufstellung mit allen Satzungsänderungsanträgen, zurückgezogenen und abgelehnten Anträgen.
Zu den 2 Tagen gibt es ein Wortprotokoll für Samstag und Sonntag.
Beeindruckend war auch die Rede von Lola Veronina, von der Piratenpartei Russland, deren Partei in Russland verboten und nicht zur Wahl zugelassen wurde.
Anonsten ein ganz netter Bericht der Tageschau hier.
(ts)
Views: 24
Am 3. und 4. Dezember fand in Offenbach der Bundesparteitag der Piratenpartei statt. Als programmatischer Parteitag standen keine Wahlen an, sondern eine umfangreiche Programmerweiterung.
Parteitage haben ja den Ruf, dröge und quälend zu sein. Das war aber dieses Wochenende in Offenbach fast gar nicht so.
Trotz einger GO-Schlachten (“Anträge zur Geschäftsordnung”) blieb die Atmosphäre sachlich und entspannt.
Gute Nachricht vorweg: Die Piratenpartei stellt sich künftig programmatisch breit auf.
Besonders beachtete Entscheidungen waren:
Die wichtigsten Beschlüsse der über 1.300 Mitglieder vor Ort:
Hier eine genaue Aufstellung mit allen Satzungsänderungsanträgen, zurückgezogenen und abgelehnten Anträgen.
Zu den 2 Tagen gibt es ein Wortprotokoll für Samstag und Sonntag.
Beeindruckend war auch die Rede von Lola Veronina, von der Piratenpartei Russland, deren Partei in Russland verboten und nicht zur Wahl zugelassen wurde.
Anonsten ein ganz netter Bericht der Tageschau hier.
(ts)
Views: 24